Die erste WHO-Meldung zu den Affenpocken - deutsche Übersetzung
Wer sich mit den Affenpocken kritisch auseinander-setzen will, sollte sich zunächst die ersten Presse-meldungen zu diesem Thema zu Gemüte führen. Die erste WHO-Meldung über einen Affenpockenfall in Großbritannien wurde am 16. Mai 2022 veröffentlicht. Damit sie als Diskussionsgrundlage dienen kann, habe ich sie ins Deutsche übersetzt.
(Hans U. P. Tolzin, 21.08.2022) Die nachfolgende WHO-Pressemeldung wurde am 16. Mai 2022 per Email verschickt. Bei etwaigen Übersetzungsfehlern bin ich für entsprechende Hinweise dankbar. Der Originaltext ist auf der WHO-Webseite zu finden. Die 16 Fragen, die sich für mich allein schon aus diesem Text ergeben, sind hier aufrufbar.
Affenpocken – Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland
Zusammenfassung
Am 7. Mai 2022 wurde die WHO über einen bestätigten Affenpockenfall einer Person informiert, die vom Vereinigten Königreich nach Nigeria gereist war. Die Person entwickelte einen Ausschlag am 29. April 2022 und kehrte am 4. Mai in das Vereinigte Königreich zurück. Es wurden Affenpocken vermutet und der Fall wurde umgehend isoliert. Ab 11. Mai wurde eine intensive Kontaktverfolgung unternommen, um Kontaktpersonen im Krankenpflegebereich, der sozialen Umgebung und dem internationalen Flug zu identifizieren. Diese Personen wurden ab dem Tag des letzten Kontaktes 21 Tage lang nachverfolgt. Bisher hat niemand ähnliche Symptome berichtet.
Da der Fall sofort isoliert wurde und die Kontakte überwacht wurden, ist im Vereinigten Königreich das Risiko einer weiteren Übertragung minimal. Da jedoch die Quelle der Infektion in Nigeria unbekannt ist, besteht in diesem Land ein Risiko für weitere Übertragungen.
Beschreibung des Falls
Am 7. Mai 2022, meldete das WHO-Verbindungsbüro („National IHR Focal Point“) in Großbritannien der WHO einen bestätigten Fall der Affenpocken einer Person, die von Ende April bis Anfang Mai 2022 von Großbritannien nach Nigeria gereist war und sich dort in Lagos und Delta States aufhielt.
Der Fall entwickelte am 29. April einen Ausschlag und kehrte nach Großbritannien zurück, wo er am 4. Mai ankam. Noch am gleichen Tag begab er sich in eine Klinik. Aufgrund der Reisehistorie und dem Ausschlag wurden die Affenpocken in einem frühen Stadium vermutet und der Fall wurde sofort isoliert. Während des Krankenhausaufenthalts wurden angemessene Schutzmaßnahmen sichergestellt. Über einen Abstrich des Ausschlags wurden die Affenpocken (westafrikanische Variante) am 6. Mai per RT-PCR durch ein Speziallabor der Gesundheitsbehörden bestätigt.
Epidemiologie der Krankheit
Die Affenpocken sind eine in Waldgebieten vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheit mit gelegentlichen Infektionen des Menschen, die normalerweise sporadisch in bewaldeten Gebieten Zentral- und Westafrikas auftreten.
Sie werden durch das Affenpocken-Virus verursacht, das zur Familie der Orthopoxviren gehört. Die Affenpocken können durch Kontakt und Tröpfcheninfektion über ausgeatmete große Tröpfchen übertragen werden. Die Inkubationszeit beträgt gewöhnlich 6 bis 13 Tage, kann jedoch auch zwischen 5 und 21 Tage liegen. Die Krankheit ist oft selbstbegrenzend, wobei die Symptome für gewöhnlich spontan nach 14 bis 21 Tagen wieder verschwinden.
Die Symptome können mild bis schwerwiegend auftreten, der Ausschlag kann jucken oder schmerzhaft sein. Das Tierreservoir ist unbekannt, wird aber bei Nagetieren vermutet. Der Kontakt mit lebenden und toten Tieren durch Jagd und Verzehr von Wild und Buschfleisch sind bekannte Risikofaktoren.
Es gibt zwei Gruppen des Affenpockenvirus, die westafrikanische Gruppe und die zentralafrikanische Gruppe (Kongo-Becken). Obwohl die westafrikanische Variante der Affenpockenvirus-Infektion manchmal in manchen Personen zu schweren Erkrankungen führt, ist die Erkrankung in der Regel selbstbegrenzend. Die Sterberate der westafrikanischen Variante liegt bei etwa 1 %, die der Kongobecken-Variante kann bis zu 10 % betragen. Auch für Kinder besteht ein erhöhtes Risiko und eine Infektion während der Schwangerschaft kann zu Komplikationen führen, zu Totgeburten oder zu angeborenen Affenpocken.
Mildere Verläufe können unentdeckt bleiben und bedeuten dadurch ein Risiko für eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Da die Ausbreitung der Krankheit auf Gebiete in West- und Zentralafrika begrenzt ist, besteht bei Reisenden in diese Länder vermutlich nur eine geringe Immunität.
Obwohl es einen zugelassenen Impfstoff zur Vorbeugung gegen die Affenpocken gibt und auch der traditionelle Pockenimpfstoff Schutz vermittelt, sind diese Impfstoffe nicht weit verfügbar und Bevölkerungen unter 40 oder 50 Jahre profitieren weltweit nicht länger von den Pockenimpfprogrammen.
Maßnahmen der Gesundheitsbehörden
Die Gesundheitsbehörden in Großbritannien haben eine Sonderkommission zur Koordinierung der Kontaktverfolgung eingesetzt.
Ab dem 11. Mai wurden durch eine intensive Kontaktverfolgung Kontakte im sozialen Umfeld, in den betroffenen Krankenpflegeeinrichtungen und auf dem internationalen Flug identifiziert. Bisher wurden keine vergleichbaren Symptome beobachtet.
Alle identifizierten Kontakte wurden entsprechend der Art des Kontaktes klassifiziert und entweder durch aktive oder passive Überwachung 21 Tage lang nach ihrem letzten Kontakt mit dem Fall nachverfolgt. Den Risikokontakten wurden nachträgliche Impfungen angeboten.
Die nigerianischen Behörden wurden am 7. Mai über diesen Fall und die Reisedaten informiert. Es konnte kein Kontakt des Falles mit an Ausschlag oder Affenpocken erkrankten Personen festgestellt werden. Einzelheiten der Reise und der Kontakte innerhalb Nigerias wurden zur möglichen Nachverfolgung den nigerianischen Behörden mitgeteilt.
Risikomanagement der WHO
In Großbritannien wurden kürzlich sieben Fälle von Affenpocken berichtet. Alle Fälle waren mit einer Reise nach Nigeria verbunden. 2021 wurden auch in den USA zwei separate Fälle von aus Nigeria importierten Affenpocken erfasst.
Seit September 2017 hat Nigeria immer wieder Affenpockenfälle gemeldet. Zwischen September 2017 und 30. April 2022 wurden 558 Verdachtsfälle aus 32 Regionen des Landes gemeldet. Darunter konnten 241 bestätigt werden, davon acht Todesfälle (Sterberate: 3,3 %).
Zwischen dem 1. Januar und dem 30. April 2022 wurden 46 Verdachtsfälle gemeldet, darunter 15 bestätigte aus sieben Regionen – Adamwa (drei Fälle), Lagos (drei Fälle), Cross River (zwei Fälle), Federal Capital Territory (zwei Fälle), Kano (zwei Fälle), Delta (zwei Fälle) und Imo (ein Fall). Im Jahr 2022 wurden keine Todesfälle registriert.
Beim aktuellen Fall ist die Infektionsquelle im Moment unbekannt und das Risiko weiterer Übertragungen in Nigeria kann nicht ausgeschlossen werden. Nachdem in Großbritannien der Verdacht auf Affenpocken aufkam, haben die Behörden sofort angemessene öffentliche Maßnahmen eingeleitet, einschließlich Isolation und Kontaktverfolgung der Fälle. Das Risiko einer weiteren Verbreitung ausgehend von diesem Fall ist in Großbritannien deshalb gering. Da die Quelle der Infektion innerhalb Nigerias unbekannt ist, bleibt für Nigeria das Risiko weiterer Übertragungen.
Die Einfuhr von Affenpocken aus Ländern mit Erkrankungsfällen in andere Länder wurde bisher acht Mal dokumentiert. In aktuellen Fall hielt sich der Patient in der Region Delta des Staates Nigeria auf, in dem Affenpockenfälle bekannt sind.
Ratschläge der WHO
Jede Erkrankung während einer Reise oder nach Rückkehr aus einem endemischen Gebiet sollte einem Arzt gemeldet werden, einschließlich der letzten Reisen und dem Impfstatus.
Einwohner und Besucher von endemischen Ländern sollten Kontakt mit kranken Tieren (tot oder lebend) meiden und auch kein Wildfleisch verzehren. Die Bedeutung von Handhygiene durch Verwendung von Seife und Wasser oder alkoholbasierenden Desinfektionsmitteln sollte betont werden. Obwohl ein Impfstoff und spezifische Behandlung von Affenpocken kürzlich zugelassen wurden (2019 und 2022), stehen diese Gegenmaßnahmen noch nicht flächendeckend zur Verfügung.
Ein Patient mit Affenpocken sollte während den angenommenen und bekannten Infektionsperioden isoliert und gepflegt werden, also während des Frühstadiums und der Ausschlagphase. Frühzeitige Kontaktverfolgung, Überwachungsmaßnahmen und wachsende Achtsamkeit im Gesundheitswesen bezüglich importierten Erkrankungen sind wesentlich für die Vermeidung weiterer sekundärer Fälle und einem effektiven Management von Ausbrüchen der Affenpocken.
Im Gesundheitswesen Beschäftigte, die mit vermuteten oder bestätigten Affenpocken-Patienten zu tun haben, sollten vorsorglich Standards zur Kontrolle von Kontakten und Tröpfcheninfektionen etablieren. Dies schließt alle Mitarbeiter wie z. B. Reinigungskräfte oder Personal in der Wäscherei mit ein, die in Kontakt mit dem Mobiliar, welches der Patient benutzt, mit seiner Bettwäsche, Handtüchern oder persönlichen Gegenständen kommen.
Proben von Verdachtsfällen, sowohl Mensch als auch Tier, sollten nur durch geschultes Personal gehandhabt werden, das in angemessen ausgestatteten Laboren arbeitet.
Internationale Reisen und Handel:
Die WHO empfiehlt keinerlei Beschränkungen der Reise nach oder des Handels mit Nigeria oder Großbritannien, basierend auf den derzeit verfügbaren Informationen.