Kriminalisierung von Hebammen in Ungarn
(ir) Bis zu fünf Jahren Haft erwarten die ungarische Gynäkologin und Hebamme Ágnes Geréb. Der Vorwurf: Fahrlässigkeit in der Berufsausübung und Kurpfuscherei. Bei einer aktuellen Hausgeburt war es zu Komplikationen gekommen, die Hebamme schickte die Eltern ins Krankenhaus. In drei weiteren Fällen kam es zum Tod der Neugeborenen während oder nach der Geburt. Bei 3.500 Hausgeburten, die von der 57-jährigen bisher begleitet wurden, liegt die Sterberate damit unter der in den ungarischen Krankenhäusern.
Bürgerrechtler, die sich für die Entscheidungsfreiheit der Mutter bei der Geburt einsetzen, vermuten andere Hintergründe. In Ungarn ist die Hausgeburt zwar nicht verboten, es werden jedoch so gut wie keine Lizenzen an Hebammen vergeben. Wer dennoch eine Hausgeburt begleitet, handelt illegal. Hinter diesem System stehen unter anderem die finanziellen Interessen der Klinikärzte, argwöhnen Kritiker. - AVITA Berlin vom 24. Nov. 2010
Kommentar: Uns geht's ja noch gold - aber wie lange noch?
Wenn ich solche Meldungen aus dem ehemaligen Ostblock lese, wird mir einmal mehr bewusst, dass wir in Deutschland eigentlich auf einer Art Insel der Glückseligen leben. Wir haben weder eine gesetzliche Impfpflicht noch ist es Schwangeren verboten, ihr Kind zuhause zur Welt zu bringen. Doch der Spielraum wird auch bei uns scheibchenweise immer enger. Die Impfpflicht kommt durch verschiedene Hintertüren und unabhängige Hebammen können sich bei uns aufgrund einer geradezu wahnsinnigen Pflichtversicherung finanziell kaum über Wasser halten. Wenn sich das allgemeine Bewusstsein um den Wert unserer verfassungsmäßig garantierten Grund- und Freiheitswerte nicht entwickelt, dann ist Ungarn früher oder später auch bei uns - vielleicht sogar überall.
Das betrifft nicht nur das Gesundheitswesen, sondern ist ein grundsätzliches Problem. Aber noch ist es nicht zu spät: Wer hätte sich noch im August 2010 getraut vorauszusagen, wie sich die Stuttgarter Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 entwickeln würde?