Brandenburg: Hepatitis-A Ausbruch ohne Erkrankte in Kita
In einer Brandenburger Kindertagesstätte wurde vom zuständigen Gesundheitsamt ein Hepatitis A-Ausbruch ausgerufen. Anlass sind nicht etwa tatsächliche Erkrankungen, sondern mehrere positive Laborergebnisse bei ansonsten gesunden Kindern mit Kontakt zu möglicherweise erkrankten Familienangehörigen. Laut einer missverständlichen Pressemeldung des Gesundheitsamtes gibt es eine Impfpflicht für Kontaktpersonen. Dies trifft jedoch nicht zu. Richtig ist: Kinder, die nicht gegen Hepatitis A geimpft sind, müssen jetzt vom Gesundheitsamt aus vier Wochen zwangsweise zuhause bleiben. Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme ist jedoch umstritten.
(ht) Wie der Brandenburger Stadtkurier und www.die-mark-online.de von heute melden, hat es offenbar in der Brandenburger Kindertagesstätte "Klein und Gross" einen Ausbruch von Hepatitis A gegeben. Alle ungeimpften Kontaktpersonen müssten "laut Infektionsschutzgesetz geimpft werden". Tatsächlich heißt es in einer Pressemeldung des Gesundheitsamtes von Brandenburg: "Gemäß Infektionsschutzgesetz sind alle Kontaktpersonen gegen Hepatitis A zu impfen." Auf Nachfrage beim Brandenburger Gesundheitsamt stellte sich jedoch heraus, dass es gar keine gesetzlich geregelte Impfpflicht gibt, Ungeimpfte müssten allerdings vier Wochen der Kindertagesstätte fern bleiben.
Meine Frage, ob es tatsächlich Erkrankte oder nur positive Labortestergebnisse bei gesunden Kindern gegeben habe, wollte die zuständige Amtsärztin nicht beantworten: Dies falle unter den Datenschutz. Die Amtsleitung war für mich leider nicht erreichbar.
Ein Anruf bei der Kindertagesstätte ergab jedoch, dass es keinerlei Hepatitis-Erkrankungen unter den Kindern gegeben hatte. Vielmehr wurden einige Familien im Zusammenhang mit Urlaubsplänen bzw. Reiseerkrankungen auf Hepatitis A getestet. Die Leiterin vermutete bei dem Telefongespräch zwar, dass es tatsächlich erkrankte Familienangehörige gebe, ich halte es jedoch für wahrscheinlicher, dass im Rahmen der Reisevorbereitungen der Antikörpertiter festgestellt wurde. Als meine Gesprächspartnerin feststellt, dass kein Elternteil, sondern Journalist bin, brach sie das Gespräch ab.
Der Vorgang zeigt, dass die Menschen in den neuen Bundesländern immer noch unter den Spätfolgen der totalitären DDR-Zeit, in der Zwangsimpfungen üblich waren, leiden: Einen Impfzwang gibt das zuständige Infektionsschutzgesetz (IfSG) selbst bei Pandemien nicht ohne weiteres her. Eine Person als erkrankungs- oder übertragungsverdächtig anzusehen, nur weil sie Kontakt zu Kontaktpersonen von möglicherweise Erkrankten oder laborpositiv getesteten Gesunden hatte, wird nach Ansicht von Fachleuten ebenfalls nicht vom IfSG gedeckt.
Sollten Eltern der betroffenen KiTa auf den Gedanken kommen, gegen den vierwöchigen Ausschluss ihrer Kinder zu klagen, hätten sie vermutlich gute Erfolgsaussichten. Eine sogenannte Feststellungsklage wäre auch im Nachhinein möglich, um Wiederholungen vorzubeugen. Darüber hinaus können Eltern vermutlich eine Ersatzunterbringung oder die Erstattung selbst organisierter Kinderbetreuung geltend machen.
Pressemeldung Gesundheitsamt Brandenburg vom 9. Aug. 2011
Pressebericht vom 9. Aug. 2011
Kindertagesstätte "Klein und Gross"
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