Neue Vogelgrippe-Panikmache und widersinnige Stallpflicht
(ht) Gegenwärtig geht wieder die Vogelgrippe-Panikmache um und Behörden ordnen für Federvieh Stallpflicht an. Doch näher betrachtet ist die Angst vor Vogelgrippe weitestgehend unbegründet. Darunter verbirgt sich unter anderem die Angst der Behördenmitarbeiter, durch Nichtbeachtung von Hinweisen die eigene Karriere zu gefährden.
Stellen Sie sich vor, Sie stolpern zuhause auf der Treppe über Ihre eigenen Füße und brechen sich einen Arm. Sie rufen den Krankenwagen und werden in die Aufnahme des nächsten Krankenhauses gebracht. Der zuständige Arzt ist sichtbar gestresst, weil so viel los ist, schaut Sie kaum an und sagt:
"Derzeit geht die potentiell tödliche Vogelgrippe um, wir sind gehalten, als erstes einen Labortest auf Vogelgrippe zu machen, denn das darf auf keinen Fall zu einer Epidemie werden."
Innerhalb von 5 Minuten wird ein ganz neuer Superschnelltest eines bekannten Pharmakonzerns durchgeführt - und dieser verläuft positiv (wie übrigens bei vielen Gesunden). Sie werden also sofort vorsorglich in Quarantäne gesteckt. Sie können von Glück reden, wenn man Ihren gebrochenen Arm überhaupt noch behandelt.
Aber kurz nachdem man Sie in das Quarantänezimmer geschoben hat, kommt Chefarzt Prof. XY bei Ihnen vorbei und wundert sich darüber, dass das Virus nun mit gebrochenen Knochen assoziiert ist. Er befragt Sie eine ganze Stunde, holt währenddessen einige Assistenten und Medizinstudenten hinzu und macht vor der Verabschiedung noch so nebenbei eine Bemerkung bezüglich der nächsten Abgabefrist für einen Fachartikel.
Wenn Sie die ganze Idiotie der Vogelgrippe-Panikmache am eigenen Leib spüren möchten, müssen Sie sich aber nicht einen Arm brechen. Es reicht, wenn Sie beim Spaziergang einen toten Spatz am Wegesrand liegen sehen und sofort das lokale Gesundheitsamt anrufen und den toten Spatz melden, mit der Frage, ob es sich hier um einen Vogelgrippefall handeln könne. Falls man Sie auffordert, den Spatz unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen vorbeizubringen, weigern Sie sich mit dem Hinweis, dass Sie keine Lust hätten, sich anzustecken und an Vogelgrippe zu sterben.
Die Gesundheitsämter können es sich nicht leisten, solchen Hinweisen NICHT nachzugehen, und seien sie noch so abwegig. Denn das könnte unter Umständen das Ende der eigenen Karriere bedeuten, sollte man einen möglichen Vogelgrippefall nicht ernst genommen haben. Ist der kleine tote Spatz dann tatsächlich per Labortest vogelgrippe-positiv, müssen sowohl Gesundheitsamt als auch Labor dies an das RKI, die Bundesseuchenbehörde, melden. Und die können es sich ebenfalls nicht leisten, der Sache NICHT nachzugehen.
Es kann also gut sein, dass die Gegend, in welcher der Spatz gefunden wurde, am nächsten Tag abgeriegelt wird, dass ganze Teams in gelben Schutzanzügen die Gegend absuchen und um Umkreis von soundso viel Kilometern sämtliches Federvieh gekeult werden muss und in einem weiteren Umfeld weitere Restriktionen angeordnet werden. So geschehen in Augsburg-Haunstetten im Jahr 2005 in meiner unmittelbaren Nähe (ich wohnte damals dort).
Hätte der Arzt Ihnen in Ruhe zugehört und Ihren Armbruch sachgerecht behandelt, wäre alles gut gewesen. Hätte ein Tierarzt oder Vogelkundler festgestellt, dass der Spatz an Hunger und Unterkühlung gestorben ist, wäre alles gut gewesen. Jeden Tag brechen sich in Deutschland Menschen Arme oder Beine, jeden Winter sterben Tausende von Vögel durch die niedrigen Temperaturen und Schwäche. Dazu braucht es keine Verschwörungstheorien, wonach gemeingefährliche Viren versucht, alles Leben in Deutschland und auf diesem Planeten auszumerzen.
Selbst WENN tatsächlich ein spezifisches Virus eine Rolle beim Tod von Vögeln spielen sollte, so könnte es seine krankmachende oder tödliche Wirkung ausschließlich (!) im Zusammenspiel mit anderen Stressfaktoren entfalten.
Wäre dies nicht so, wäre längst jegliches höhere Leben auf unserem Planeten ausgemerzt. Die großen Seuchen verschwanden in den letzten etwa 120 Jahren auch nicht aufgrund der globalen Kriegserklärung der Menschheit gegen Bakterien und Viren, sondern weil sich die Lebensumstände frappierend verbessert haben.
Jedenfalls ist schon das erste Koch-Postulat, wonach der Erreger nur im Kranken und niemals im Gesunden nachweisbar sein darf, weder beim Vogelgrippevirus noch bei irgendwelchen anderen Erregern erfüllt.
Sie können - labordiagnostisch gesehen - Dutzende oder Hunderte von potentiell krankmachenden Erregern in sich haben - und trotzdem putzmunter sein.
Das, was den meisten Menschen einleuchtet, auch wenn sie sich nicht näher mit dem Thema beschäftigt haben, ist die Tatsache, dass die Schulmediziner nie gelernt haben, umfassende Differenzialdiagnosen zu machen. Damit ist gemeint, dass nicht nur bestimmte Erreger, sondern ALLE in Frage kommenden Ursachen bei der Anamnese abgefragt, erfasst - und bei der Diagnosestellung und Behandlung auch berücksichtigt werden.
Sonst kann es in unserem leicht plakativen Beispiel sein, dass jemand mit einem gebrochenen Arm zum Arzt kommt und man dem Vogelgrippevirus die Schuld gibt, weil er zufällig viruspositiv ist.
Oder es passiert reihenweise, dass Vögel aufgrund von Entkräftung, Vergiftung (z. B. Pestizide) oder Unterkühlung sterben, und man dem Vogelgrippevirus die Schuld gibt, weil sie zufällig viruspositiv sind, aber das Virus gar keine (alleinige) ursächliche Rolle spielt.
Weitere Infos zum Thema:
Die Vogelgrippe und das Tabu der Massentierhaltung (mein Artikel von 2005)
Ist die Vogelgrippe ein Papiertiger? (mein Artikel von 2006)
H5N1 antwortet nicht (Filmdoku von Michael Leitner, 2005)
Die Seuchen-Erfinder (mein Sachbuch)
Virus-Wahn (Sachbuch von Torsten Engelbrecht und Dr. med. Claus Köhnlein)
Weitere Literatur zum Influenza-Thema